»Endlich aber seid alle gleichgesinnt .. .«(1. Petr. 3,8)
Die Verse 8 und 9 schließen einen Teil des 1. Petrusbriefes ab, der in Kapitel 2,11 beginnt und an Gläubige gerichtet ist, die untergeordnete Stellungen (Hausknechte) innehaben, sowie an verheiratete Frauen und Männer. Petrus wendet sich dann wieder an alle Christen, gleichsam als Folgerung aus dem vorher Gesagten. Das Wort "seid" steht im Griechischen nicht und macht dadurch die Ermahnung des Petrus umso stärker. (So auch in 2,18 und 3,1.) Da Petrus unseren praktischen Zustand viel mehr betont als z.B. Paulus in seinen Briefen, muß "Gleichgesinntsein" also zuallererst praktisch verstanden werden. Wie bei vielen ähnlichen Gegebenheiten ist das durch unsere Stellung in Christus schon eine geistliche Realität: "Wir haben Christi Sinn" (1. Kor. 2,16).
Woher kommt es nun, daß wir dieses "Gleichgesinntsein" nur unvollkommen oder gar nicht verwirklichen? Es scheint sogar, daß wir uns mit dieser traurigen Tatsache zufriedengeben und darin eben ein Zeichen der Endzeit sehen. Jemand, der darunter litt, sagte sinngemäß: "Jede Seite hat ihre Bibelstellen und keine ist bereit, auf die Bibelstellen der anderen zu hören."
Ganze Ortsgemeinden werden gelähmt, weil zwei oder noch mehr Seiten unversöhnlich gegenüberstehen, jede mit guten Argumenten und vielen Bibelstellen. Solche Erfahrungen werden uns auch in der Apostelgeschichte und in einigen Briefen aufgezeigt.
Welche Gründe zeigt die Bibel auf?
1. Eigenwille und Egoismus.
Wenn wir Christi Sinn haben, suchen wir das Beste der anderen. Wir lieben sie, nicht weil sie uns ungeheuer sympathisch sind, sondern weil sie vom Herrn geliebt werden. Im Leben unseres Herrn finden wir Gehorsam statt Eigenwillen. In Johannes 5,30 heißt es: "Denn ich suche nicht meinen Willen, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat." So wie der Herr Jesus ein Leben des Gehorsams auf der Erde gelebt hat, indem Er Sich Gottes Autorität völlig fügte, will Er, daß wir als Seine Kinder ein gehorsames Leben zeigen. Glauben ist ein erster Gehorsamsschritt. Eigenwille ist Rebellion, wie sie die Welt stets angewandt hat, um die Autorität Gottes zu zerstören. Die Hausknechte in 1. Petr. 2,18 werden aufgefordert, ihren Herren unterwürfig zu sein. Kinder sollen den Eltern gehorchen und Frauen ihren Männern, ebenso sollen Gläubige der Obrigkeit untertan sein. Das sind Prinzipien des Gehorsams für Kinder Gottes.
Bileam (4. Mo. 22) ist ein Beispiel für die Folgen eines Wandels im Ungehorsam gegen die Gebote des Herrn. Er kannte den Willen des Herrn, aber sein Eigenwille und seine Geldliebe verlangten nach den Dingen der Welt (Balaks Angebote). Er gab nicht zu, gegen den Willen Gottes zu handeln, sondern glorifizierte sein Tun mit wohlklingenden und frommen Worten. Immer wieder neue Fragen und erneutes Einholen von Ratschlägen können auch beweisen, daß man keine Lust hat, den Weg, den der Herr will, zu gehen. Bileam erkannte seine Blindheit über sich selbst erst, als ein Engel des Herrn ihm den Weg versperrte. Er war so von sich selbst eingenommen, daß er die Schwierigkeiten nicht aus der Hand des Herrn kommend sah, sondern sie bei seiner Eselin suchte. Wir suchen sie dementsprechend bei den Umständen, statt bei uns selbst. Wenn das Herz durch Eigenwillen oder Egoismus geprägt ist, ist das Auge blind.
2. Verleugnen der Fremdlingschaft
Der oben erwähnte Abschnitt ab 1. Petr. 2,11 beginnt damit, daß er an "Fremdlinge" und "die ihr ohne Bürgerrecht seid" geschrieben ist. Diese Christen liebten ihren Herrn, obwohl sie ihn nicht gesehen hatten (Kap. 1,8). Aber ihr Herr war von dieser Welt hinausgestoßen worden. Da ihre Liebe zum Herrn praktisch sichtbar war, galt für sie das Gleiche. Sie wurden nicht nur als Fremdlinge angeredet, sondern sie waren es auch tatsächlich.
Entspricht unsere Wohnungseinrichtung, unser Auto, unsere Kleidung, unser Hobby, unser Urlaub usw. nicht vielmehr dem Standard dieser Welt? Wo ist bei uns Fremdlingschaft sichtbar? Der Herr läßt uns diese Dinge. Er möchte aber, daß wir sie für Ihn opfern!
Können wir uns heimisch fühlen in dieser Welt, die den Herrn ablehnt? Zweifellos verwirklichen wir dann Christi Sinn nicht.
3. Auslöschen (Dämpfen) des Heiligen Geistes (1. Thess. 5,19)
Alles, was unter Kindern Gottes geschieht, sollte zur Erbauung dienen und vorn Geist gewirkt sein. In 1. Petr. 4,10 werden wir aufgefordert, einander zu dienen "als gute Verwalter der mancherlei Gnade Gottes". Der Geist ist es, Der Seine Werkzeuge wählt, wie Er will (1. Kor. 12,11.18). Wir aber können Ihm hindernd in den Weg treten, weil wir nur das beurteilen, was wir sehen. Er aber sieht das Herz. Wir beurteilen nach menschlicher Weisheit oder nach gewandter Beredtsamkeit und schon sind wir nicht mehr mit ihm "einsgesinnt". Da auch die Wirksamkeit des Wortes Gottes dadurch gedämpft ist, kann Er nicht mehr in dem Maße austeilen, wie es für unser geistliches Leben notwendig wäre - auch für das Gebot, "gleichgesinnt" zu sein_ Der Heilige Geist muß unser Tun leiten.
4. Mangelnde Liebe
Unser Herr hat Seinen Kindern ein Merkmal gegeben: "Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt" (Joh. 13,35). Liebe wird hier zum Kennzeichen gemacht und zwar eine Liebe, die öffentlich sichtbar wird und nicht bloß vorgibt, im Herzen zu sein_ Lieben wir unsere Geschwister so wie uns selbst? Tun wir nicht oft Dinge zu unserem Vorteil, ohne zu beachten, daß wir anderen Kindern Gottes das Gewissen beschweren? Erst wenn wir geschwisterliche Liebe praktisch verwirklichen, kann daraus die allgemeine Liebe folgen (2. Petr. 1,7). Können wir daraus vielleicht auch folgern: Retterliebe kann erst entstehen, wenn wir geschwisterliche Liebe üben? Kann es sein, daß wir deshalb so wenig evangelisieren? Das Gebot, das alle anderen beinhaltet, ist das Gebot der Liebe (Röm. 13,9).
Diese Ausführungen sind sicher nicht vollständig. Ich wünschte mir, sie führten zum Nachdenken darüber, was bei jedem Leser ganz persönlich im argen liegt, damit wir der Welt wieder Zeugen unseres Herrn sein können -nicht nur mit Worten, sondern vielmehr durch ein überzeugendes und gewinnendes Leben. "Endlich aber seid alle gleichgesinnt . . ."
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